Murat Aslanoglu zu Gast bei der Aktuellen Stunde im Bundestag zum Karikaturenstreit.
Parteien werben im Bundestag für Dialog mit Islam.
Berlin (AFP/ddp) - Politiker aller Parteien haben im Bundestag für eine Politik des Dialogs mit dem Islam geworben. "Wenn wir einen Beitrag zur Deeskalation leisten wollen, dann ist jetzt die Stunde des Dialogs und der Verständigung", sagte Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhn in einer von seiner Partei beantragen Aktuellen Stunde zum Karikaturen-Streit. Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhn, der die Veröffentlichung von Karikaturen mit der Pressefreiheit verteidigte, sagte: "Freiheit impliziert immer auch Verantwortung." Wer also den Propheten Mohammed gleichsetze mit Terroristen, der beleidige die Muslime und leiste einer Eskalation Vorschub. An die Union gewandt fügte er hinzu, man sollte endlich den möglichen EU-Beitritt der Türkei als Beitrag für einen gemäßigten europäischen Islam verstehen.
Mehrere Politiker äußerten Verständnis für die dadurch verletzten religiösen Gefühle vieler Moslems - auch wenn die Karikaturen selbst durch die Meinungsfreiheit gedeckt seien. Die Abgeordneten hatten sich erstmals mit dem Streit um die Mohammed-Karikaturen befasst und zu der Parlamentsdebatte Vertreter islamischer Verbände eingeladen.
"Die Bundesregierung hat auf den Dialog der Kulturen gesetzt, auf diesem Weg muss weitergegangen werden", sagte der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Günter Gloser (SPD). Er warnte davor, jetzt "einen Zusammenstoß der Kulturen herbeizureden". Gloser verurteilte die gewalttätigen Proteste in einigen Ländern und vor allem die Übergriffe auf ausländische Botschaften. Diese Gewalt sei aber "kein Beleg, dass der Dialog der Kulturen gescheitert ist." Damit wandte er sich auch gegen Forderungen aus der CDU/CSU nach der Schließung deutscher Botschaften in einigen Ländern.
Vor allem Redner der Unionsfraktion betonten, Toleranz und Respekt vor religiösem Gefühl seien keine Einbahnstraße. Moslems in Deutschland und anderen europäischen Staaten müssten auch die dort geltenden Regeln akzeptieren, sagte der Abgeordnete Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg (CSU).
FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhardt sagte, mit den Angriffen auf ausländische Vertretungen sei "jedes Maß überschritten" worden. Auch die muslimischen Glaubensgemeinschaften müssten "gelegentlich die Schärfe der Pressefreiheit" akzeptieren. Pressfreiheit sei "ein Grundrecht und kein Gnadenrecht". Und keine Religion habe ein "Deutungshoheit".
Der SPD-Abgeordnete Niels Annen nannte es «grotesk», dass sich ein Regierungschef für die Veröffentlichung in einer Zeitung entschuldigen sollte. Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) kritisierte die Karikaturen als "gezielte Provokation", fügte aber hinzu, Gewalt sei nicht zu rechtfertigen.
Der Außenexperte der Links-Fraktion, Norman Paech, warnte vor einer Pauschalverurteilung. Den Ausschreitungen in der arabischen Welt seien "Provokationen, Arroganz und Demütigungen" seitens der westlichen Welt vorausgegangen. Auch wenn die Gewalt zu verurteilen sei, sollte doch eine "neue Kolonialisierung" als Ursache begriffen werden.
Einhellig hoben Redner aller Parteien die Bedeutung der Pressefreiheit hervor. Vor allem SPD und Grüne verbanden dies aber mit Kritik. "Verantwortungsvoller Umgang mit der Pressefreiheit sieht anders aus, als es diese dänische Zeitung an den Tag gelegt hat", sagte der SPD-Innenexperte Sebastian Edathy. So sei die Veröffentlichung der Karikaturen zwar zulässig gewesen, "aber zugleich respektlos".
Treffen der grünen Fraktionsführung mit Vertretern muslimischer Dachverbände in Deutschland im Anschluss an die Aktuelle Stunde über den sog. Karikaturenstreit am 10.2.2006.
Von links nach rechts: Ali Kizilkaya (Islamrat), Murat Aslanoglu (christlich-islamischer Koordinierungsrat), Dr. Ayyub Axel Köhler (Zentralrat der Muslime), Josef Winkler MdB, Renate Künast MdB (Fraktionsvorsitzende), Volker Beck MdB (erster parl. Geschäftsführer), Bekir Alboga (DITIB), Fritz Kuhn MdB (Fraktionsvorsitzender), Asiye Köhler (Zentralrat der Muslime)